Veranstaltungen
Wenn man für die revolutionären Jahre im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Frau sucht, fällt einem Rosa Luxemburg ein. An Larissa Reissner, die russische Revolutionärin mit deutschen Wurzeln, erinnert sich kaum noch jemand. Dabei war sie Kämpferin während der Oktoberrevolution und Kommissarin der Roten Armee, Heldin der Flotte. Sie kannte Lenin, Bebel und Liebknecht persönlich, war als Gattin des ersten sowjetischen Botschafters in Afghanistan. Sie nahm 1923 am kommunistischen Aufstand in Hamburg teil; war Schriftstellerin und Journalisten. Sie starb nach ihrem bewegten Leben bereits 1926 an Typhus, mit gerade einmal 30 Jahren. Vielleicht war das aber auch gut so, denn diese unbeugsame, intelligente Frau stand sicher schon auf den Todeslisten Stalins. Steffen Kopetzky hat mit dieser Biografie wieder einen außergewöhnlichen historischen Roman geschrieben, der Larissa Reissner nicht nur der Vergessenheit entreißt, mehr noch, er erzählt spannend und eindringlich von den gewaltigen Umbrüchen dieser Jahre, so dass man sich am Ende des Romans kaum verzeiht, bisher nichts von dieser Revolutionärin gewusst zu haben.

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„Europa retten“
Welch anmaßende Aufforderung mit einer Reihe von Veranstaltungen der drohenden Auflösung des gemeinsamen Europa entgegenwirken zu wollen. Vielleicht braucht es deutliche Worte, um auf eine Gefahr hinzuweisen. Die Idee zu diesem Projekt, an das sich dankenswerterweise die vh Ulm, die Südwest Presse und das Donauschwäbische Zentralmuseum angeschlossen haben, ist zwei Dingen geschuldet. Zum einen steht meine ernste Befürchtung, auch in unserem Land könnte nach der Wahl im Juni eine europafeindliche Partei den Ton angeben. Initialzündung aber war das eindringliche Buch von Alex Rühle „Europa, wo bist du?“. 20.000 Kilometer ist der Journalist und Schriftsteller durch Europa gereist, auf der Suche nach dem gemeinsamen Europa und der Utopie der Verbundenheit der Länder. Je weiter ich bei der Lektüre Rühles Reisen begleiten durfte, desto tiefer berührte mich dieses Buch. Unsere EU ist wie eine Brücke, über die wir selbstverständlich gehen, ohne groß auf sie zu achten, aber wehe sie wird einstürzen. Lasst sie uns neu denken, diese Brücke.
Thomas Mahr

„Die europäische Idee ist grandios! Sie hat Menschen zusammengeführt, Beziehung gestiftet, unzähligen Menschen Glück und menschliche Begegnungen geschenkt. Diese Reihe lädt ein zum Austausch, zum gemeinsamen Engagement für ein geeintes Europa. Wunderbar!“
Dr. Christoph Hantel, Leiter vh Ulm

Foto: © Heike Bogenberger

Ein gemeinsames Europa, was für ein großes Versprechen
Selten habe ich ein Buch gelesen, das analytisch so präzise an sein Thema herangeht und gleichzeitig von so viel Empathie getragen wird, sich liest wie ein spannender Roman. Man möchte den Schriftsteller und Journalisten Alex Rühle unbedingt kennenlernen, mehr noch, man hätte ihn gerne ein Stück begleitet auf seinen 20.000 Kilometern, die er durch Europa – zumeist mit dem Interrail-Ticket und nur einem Rucksack – gereist ist, um dieses Europa zu suchen, diese Utopie, die viel mehr bedeutet, als der rein ökonomische Blickwinkel vermittelt. Gerade die neoliberale Politik ist es, die die Armut vorantreibt. Trotz der Krise der EU, die Rühle in allen Ländern feststellt, hat sein Buch einen optimistischen Grundton. Wir dürfen gespannt sein auf das Gespräch zwischen den beiden Kulturjournalisten und wo die beiden an diesem Abend auf ihrer Suche nach Europa, einer der kühnsten Erfindungen der Politikgeschichte, ankommen. Sicherlich wird Alex Rühle an dem Abend auch aus seinem Buch lesen, das ihn in die Dörfer Kalabriens führte, in die Altstadt Lissabons, aber auch an die nun wieder so „eisern“ gewordene Grenze zwischen Estland und Russland.

Alex Rühle
im Gespräch mit Jürgen Kanold
„Europa, wo bist du?“

Montag, 8. April, 20 Uhr
Galerie der Südwest Presse
Olgastraße 129, Ulm
Eintritt 5,- Euro


Polen und Ungarn – europanah oder fern
Ähnlich dem Moderator des Abends, Alex Rühle, ist auch Matthias Nawrat durch Europa gereist und fand so den Titel seines Buches „Über allem ein weiter Himmel“. Zehn Jahre umfasst dieses Reisetagebuch seiner sicher längst noch nicht beendeten Reise. Sie beginnt dort, wo alles anfing: in seinem Geburtsort Opole, von wo aus seine Familie 1989 emigrierte. Die Danziger Werft darf nicht fehlen, begann doch damit das Ende des Warschauer Pakts. Er ist ein sprachlich ausgefeilter, kluger Erzähler, dem es gelingt in seinen autobiografischen Essays an den Rändern Europas - bevorzugt den östlichen - Literatur aus den Landschaften, aber auch dem Alltag entstehen zu lassen. Mit dem polnischen Autor sitzt die ungarische Schriftstellerin Noémi Kiss auf der Bühne im Club Orange. Sie vertritt ein Land, das das größte Sorgenkind der Europäischen Union ist. Kiss hat mit ihrem Erzählband „Balaton“ nicht ohne Humor ein Buch über diese „deutsch-deutsche“ Begegnungsstätte geschrieben. In Ungarn sollte der Grenzzaun des Kalten Krieges seine ersten Schlupflöcher bekommen. 2015 erschien ihr erstes Buch „Schäbiges Schmuckkästchen“, der Reisebericht einer Ungarin, für die es ein großes Abenteuer bedeutete – damals wie heute – in die Bukowina oder nach Galizien zu reisen. Mit diesen beiden Autoren wird es Alex Rühle sicher nicht schwerfallen, ins Gespräch über Europa zu kommen.

Noémi Kiss und Matthias Nawrat
im Gespräch mit Alex Rühle

Dienstag, 9. April, 20 Uhr
vh Ulm, Club Orange
Eintritt 5,- Euro

Heimat Europa – ein Traum und kein Widerspruch
»Ist das nicht eine schöne Definition für Europa?, fragt der slowenische Lyriker Ales Steger. ‚Man fühlt sich angekommen, selbst an Orten, an die man gar nicht hingehört.«

Die Bewohner in den Ländern der EU haben ihren Traum von einem gemeinsamen Europa, der Utopie von Frieden und Wohlstand, die nur zusammen zu verwirklichen sind. Hat Europa vor lauter ökonomischen Sachzwängen und Verordnungen den Glauben an eine bessere Welt vergessen? Sind Kultur, Bildung und die junge Generation zu kurz gekommen?
Es gilt nicht einen sich abschottenden großen Nationalstaat in Europa zu schaffen, eine Kopie der EU-Staaten, die immer zunächst nur an die eigenen Interessen denken. Nationalismus ist Gift für die Gemeinschaft. Wir sollten neugierig sein auf jede Region unseres Kontinents und egal wo auch immer wir ankommen, dies als Heimat empfinden. Von ihrem Traum von Europa werden die eingeladenen Gäste auf dem Podium erzählen, von ihren Vorstellungen der EU und davon, wie unterschiedlich der Blick der Menschen darauf in den jeweiligen Ländern ist. Es gilt das Trennende zu überwinden und das Gemeinsame zu stärken.

Europa wo bist du?
Diskussion mit Alida Bremer, Michal Hovrecky,
Noémi Kiss und Matthias Nawrat
Moderiert von Alex Rühle

Mittwoch, 10. April, 20 Uhr
vh Ulm Club Orange
Eintritt 10,- Euro


Foto: © Martina Simkovicova

Südliches Kroatien und nördlich der Donau die Slowakei
Zum Abschluss der Europareihe in Ulm kommt die kroatische Schriftstellerin Alida Bremer ins DZM. Nun, man müsste von einer deutschen Autorin sprechen, denn ihre drei Romane schrieb sie nicht in ihrer Muttersprache, darüber hinaus lebt sie schon seit langem in Münster. Doch sie kennt sich bestens aus mit den Verhältnissen auf dem Balkan, da sie sehr erfolgreich Literatur aus dem Kroatischen und Serbischen übersetzt. Ihr neuer Roman „Tesla oder die Vollendung der Kreise“ wechselt zwischen dem Schmelztiegel eines kroatischen Auswanderers im New York des 20. Jahrhunderts und seiner mehrfachen Rückkehr nach Europa, das einer Katastrophe entgegensteuert. Mit auf dem Podium sitzt Michal Hvorecky, ein slowakischer Autor, der bei uns mit seinem Roman „Tod auf der Donau“, einer absurden Donaukreuzfahrt, bekannt wurde. Sein jüngster Roman „Tahiti“ erzählt die Utopie einer Kolonie von Slowaken, die in der Südsee ihr Glück zu finden glauben. Michal Hvorecky ist aber auch der Vertreter einer Schriftstellergeneration, die die Ungereimtheiten in der slowakischen Gesellschaft aufdeckt, die sonst unter den Teppich gekehrt würden. Alex Rühle wird mit den beiden über das Bild Europas in ihren Ländern sprechen, sicherlich werden aber die Bücher auch nicht zu kurz kommen.

Alida Bremer und Michal Hvorecky
im Gespräch mit Alex Rühle

Donnerstag, 11. April, 19 Uhr
Donauschwäbisches Zentralmuseum
Eintritt 5,- Euro

Foto: © 9- Root Leeb 2021

Ein Fest des Erzählens
Sei es in einem Festsaal, sei es in einer Kirche oder an jedem anderen Ort, wo sich Menschen versammeln können, steht dort ein festlich gekleideter Herr, der zu erzählen beginnt und die Zuhörer um ihn herum alles vergessen lässt. Lauschen sie ihm gebannt, dann kann es sich bei diesem nur um Rafik Schami handeln. So wird es auch dieses Mal wieder sein in der Katholischen Kirche, wenn er nach Langenau kommt, um seinen neuen Roman vorzustellen. Und die heilsame Wirkung des Erzählens wird an diesem Abend selbst zum Thema werden. Wer Rafik Schami kennt, wird wissen, dass uns wieder ein Fest der Geschichten erwartet, wie immer ist sein Vortrag opulent, spannend und berauschend. Er tritt dafür ein, die Perlen der arabischen Erzählkunst vor dem Vergessen zu retten. Als Autor setzt er Mosaikstein für Mosaikstein zusammen und es entsteht ein wahres Gemälde aus Tausendundeiner Nacht. Sein neuer Roman „Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“ bringt auch für uns die Heiterkeit zurück.

Rafik Schami
„Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“
Lesung

Dienstag, 16. April, 20 Uhr
Katholische Kirche Langenau
15,- / 10,- Euro

Rafik Schami
„Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“

480 Seiten
Hanser (2023)
26,- Euro

Foto: © Beppo Minx

Man weiß nie, wo es hingeht im Leben…
aber man weiß immer, woher man kommt. Maria, gerade auf dem Weg zu einem langen Wochenende fern der Stadt, erreicht sie der Anruf ihrer Mutter, dass der Vater schwer verunglückt ist. Sofort eilt sie zum Bauernhof ihrer Eltern, denn da wird ihre Hilfe nun dringend gebraucht. In dieser drückend heißen sommerlichen Idylle erwartet Maria nicht nur die schon seit Stunden Äpfel schälende Großmutter, die Erinnerungen an ein fast schon vergessenes Leben zwischen Schweinestall und Schulbus holen sie ein. Aber auch der Duft von frisch gebackenem Holzofenbrot, die mühsame, endlose Hopfenernte von Kindesbeinen an. Gibt es einen besseren Ort für diese Lesung als den Saal der Pflugbrauerei in Hörvelsingen?

Martina Bogdahn
„Mühlensommer“
Lesung

Dienstag, 14. Mai, 20 Uhr
Pflugbrauerei Hörvelsingen
12,- / 10,- Euro

Martina Bogdahn
„Mühlensommer“

336 Seiten
Kiepenheuer & Witsch (2024)
22,- Euro

Eine wahre Lebensgeschichte
Was bedeutet Wahrheit in der Literatur? Braucht es nicht manchmal die Phantasie des Dichters, um die Wahrheit ans Licht zu bringen? 100 Jahre ist sie alt, die exzentrische Architektin Anouk Perleman-Jacob, als sie den Schriftsteller Michael Köhlmeier bittet, ihr Leben aufzuschreiben. Tag für Tag verschiebt der Autor seine Heimreise und ist mehr und mehr fasziniert von der alten Dame. Er recherchiert und erscheint pünktlich bei ihr bis ihre frühen Erinnerungen letztlich am „Philosophenschiff“ hängenbleiben.
In Sankt Petersburg geboren, erlebt Perleman-Jacob als Kind den bolschewistischen Terror. Zusammen mit nicht einmal einem Dutzend Passagieren, das Mädchen zählt mit ihren Eltern zu den „Auserwählten“, werden eine Handvoll Intellektuelle auf einem großen Passagierschiff außer Landes deportiert. Fünf Tage treibt das Schiff im Finnischen Meerbusen, ohne vorwärtszukommen, ehe ein weiterer Passagier hinzukommt. Vielleicht sogar Lenin selbst?

Michael Köhlmeier
„Das Philosophenschiff“
Lesung

Sonntag, 16. Juni, 11 Uhr
Langenau Pfleghofsaal
12,- / 10,- Euro

Michael Köhlmeier
„Das Philosophenschiff“

224 Seiten
Hanser (2024)
24,- Euro

Archiv 2024

Bücher sind wie vertraute Freunde
Ein Leser greift in sein Regal und nimmt ein Buch heraus. Ungelesen stand es da neben den anderen Romanen. Er erinnert sich an den Kauf in der Buchhandlung – das Buch sollte unbedingt gelesen werden, wie so viele andere auch. Jahre sind seitdem vergangen, doch jetzt nach kurzem Blättern nimmt die Lektüre Fahrt auf. Der Leser fragt sich, warum habe ich dieses erstaunliche Buch nicht längst schon gelesen?
Immer schon ist es unser Ziel mit diesem Bücherabend für die Leser solch bleibende Literatur vorzustellen. Bücher, die zeitlos sind und dennoch zeitkritisch sein können. Bücher, die unterhaltsam sind, dabei aber das Nachdenken befördern. Kommen Sie zu unserem 53. literarischen Quartett und teilen mit uns die Freude, einzutauchen in die Welt der Literatur. Es gilt wie jedes Frühjahr neue Romane, Sachbücher und das ein oder andere Kinderbuch zu entdecken. Wir bitten um Anmeldung!

Das Langenauer
Literarische Quartett
lädt zum 53. Mal ein

Mittwoch, 20. März
20 Uhr
Buchhandlung Mahr

Foto: © Mergime Nocaj

Und immer wieder sind die Abende mit Alex Capus ein Ereignis! Nur allzu gerne lauscht man seinen Geschichten und knüpft gerade mit seinem neuen Buch an eigene Erinnerungen an. Zeit vergessen, zuhören, genießen... Wir danken dir von ganzem Herzen und waren überwältigt vom Zustrom unserer Leserinnen und Leser, die beglückt deine Bücher nach Hause trugen!!

Alex Capus
„Das kleine Haus am Sonnenhang“
Lesung

Dienstag, 12. März, 20 Uhr
Langenau Pfleghofsaal

Alex Capus
„Das kleine Haus am Sonnenhang“

160 Seiten
Hanser (2024)
22,- Euro

Foto: © Frese München

Wahrlich ein Jahrhundert-Roman
Wahrlich ein Jahrhundert-Roman Bei unserer Veranstaltung mit Thomas Willmann, seiner grandiosen Lesung aus „Der eiserne Marquis“, konnten wir die Zuhörer davon überzeugen, dass dieses neue Werk mehr als gelungen ist. Hatte uns der Autor vor 12 Jahren mit seinem Roman „Das finstere Tal“ schon in den Bann gezogen, so war dieser abenteuerliche Ausflug ins 18.Jahrhundert jede Minute wert und das Publikum hätte allzu gerne noch länger diesem süffigen Sprachfluss gelauscht. Gebannt, neugierig und glücklich trugen viele diesen 900 Seiten Roman unterm Arm nach Hause. Herzlichen Dank, lieber Thomas Willmann, geduldig warten wir auf neue Ideen von dir!!

Thomas Willmann
„Der eiserne Marquis“
Lesung

Donnerstag, 29. Februar, 20 Uhr
Langenau Pfleghofsaal

Thomas Willmann
„Der eiserne Marquis“

960 Seiten
Liebeskind (2023)
36,- Euro

Foto: ©Jana Mai

Ein gelungener Auftakt zum Jubiläumsjahr
Steffen Kopetzky zum dritten Mal in Langenau – wieder ein Ereignis!
Dass ein historischer Roman zugleich kenntnisreich und spannend sein kann, das hat der Autor bei seiner Lesung im Pfleghof wieder mal unter Beweis gestellt. Larissa Reissner, die Protagonistin aus „Damenopfer“, schillernde Sozialrevolutionärin, kämpfte als Gegenfigur zu Stalin, der ein System des Terrors errichtete, für eine bessere Welt für alle.
Schon allein wegen der Zugabe, Kopetzky las das kleine Kapitel über die Pestepidemie in Moskau im Jahr 1771, war der Abend ein Geschenk.

Steffen Kopetzky
„Damenopfer“
Lesung

Donnerstag, 25. Januar, 20 Uhr
Langenau Pfleghofsaal

Steffen Kopetzky
„Damenopfer“

448 Seiten
Rowohlt (2023)
26,- Euro